Interview mit Yi-Cong Lu

Was fasziniert Dich an Design bzw. Produktdesign? Wie würdest Du Deine Arbeit beschreiben?

Meine Faszination rührt von der Form, von Gegenständen, die schön sind. Etwas zu designen ist ein spannender Erarbeitungsprozess, bei dem immer der Mensch im Mittelpunkt steht: Bedürfnisse von Menschen werden in Materie überführt. Dafür muss man mit Menschen reden und arbeiten, Vorschläge und Ideen entwickeln.

Was ist für Dich gutes Design?

Gutes Design sollte in seiner Entstehung auf den Menschen fokussieren. Der Mensch steht immer im Zentrum von Entwurfsprozessen. Ein Designer arbeitet zwischen Kunst und Markt, muss Bedürfnisse zu interpretieren wissen und diese Bedürfnisse in Kunst überführen können. Insofern ist er Zuhörer, Beobachter. Er bedient sich der Sprache der Menschen und der Sprache der Dinge – und agiert zwischen beiden als Dolmetscher.

Wie schätzt Du das Potenzial der Fortbildung zum „Gestalter im Handwerk“ ein?

Der Handwerker erhält durch die Meisterplusausbildung einen fundierten Strauß an Möglichkeiten und Einblicken, erlernt Kompetenz in Gestaltungsfragen und deren Bewertung. Das Potential liegt in der Stärkung des Handwerks: Seine Arbeit besitzt nach der Fortbildung eine höhere Qualität. Gestalter im Handwerk sind Multiplikatoren und verkörpern eine moderne, erweiterte Auffassung des Handwerkers. Sie gehen reflexiver und offener an Aufträge heran. Ferner lernen die Teilnehmer, einen treffenderen Dialog mit dem Kunden zu führen, sie und ihre Bedürfnisse besser zu verstehen, darauf einzugehen und entsprechende Lösungen zu finden.

Was kann ein Handwerker von einem Designer lernen und auf sein Gewerk übertragen?

Der Designer arbeitet gewerkungebunden, er schaut in der Vogelperspektive, wo Bedürfnisse liegen, ganz ohne Material in der Hand und Routine im Ausführen. Er vermittelt diese Distanz an den Handwerker, führt ihn zum Nachdenken, zum Beobachten und Erkennen von Bedürfnissen und Wünschen seines Gegenübers und zum Experimentieren fern von der Arbeitsroutine.

Was ist Dir bei der Vermittlung wichtig?

Am wichtigsten ist mir, die Teilnehmer zu befähigen, Selbstvertrauen in die eigenen Kräfte und in die eigene Kreativität zu entwickeln. Ich unterstütze sie dabei, sich von den Denk- und Arbeitsmustern zu befreien, die sie insgeheim oftmals schon loswerden wollten, so dass sie freier an die Arbeit gehen können.

Welche Schwerpunkte setzt Du im Sommerkurs „Idee und Entwurf“ am Kompetenzzentrum „Gestalter im Handwerk“? Was erwartet mich als Teilnehmer?

Der Schwerpunkt liegt auf Kreativität, der Erschließung von Themen und Entwicklung von eigenen Ideen. Die Methodik dazu wird in Gruppen geübt, zum Beispiel über das Bilden von Assoziationsketten zu Gegenständen. Dabei gehen wir auch an Grenzen, generieren eine enorm hohe Anzahl von Ideen, die wir dann so strukturieren, dass Entwürfe daraus entstehen. Neue Begriffe und neue Lösungen lassen die Teilnehmer aus konventionellen Mustern herausbrechen.

Interview Susann Manne, 19. Mai 2014

Yi-Cong Lu wurde 1982 in Berlin geboren. Er studierte im Fachgebiet Industriedesign an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle und ist seit 2010 als selbständiger Designer in Leipzig tätig. Yi-Cong Lu erhielt zahlreiche Preise, u. a. den International Design Award für das Projekt „Liquid Wall“. Seit Beginn des Projektes Kompetenzzentrum „Gestalter im Handwerk“ unterrichtet er in der Fortbildung „Gestalter/in im Handwerk“ und gibt regelmäßig Kurse. 

www.yiconglu.com